Winterliches Vlieland: Stilles Watt und brausende Brandung

Vlieland – Mittags schmeißt Aant van der Veen den Motor an, und die 325 PS des bulligen Trucks erwachen zum Leben. «Vliehors Expres» steht auf dem knallgelben ehemaligen Bundeswehr-Lkw, mit dem van der Veen Urlauber über den Strand von Vlieland kutschiert.

Expres, das ist niederländisch und trotzdem ziemlich übertrieben. Mit gerade mal 15 km/h rollt der umgebaute Transporter gemächlich gen Westen, links ziehen haushohe Dünen vorbei, auf der rechten Seite braust die Brandung der Nordsee.

Irgendwann verschwinden die Dünen, und das Land wird platt, hoher Himmel mit weißen Wolkenbergen wölbt sich bis zum Horizont. «Wir erreichen nun Vliehors, die Sahara des Nordens», ruft der 35-jährige Aant über das Bordmikrofon. Vliehors ist die größte Sandbank Nordeuropas, deren Ausdehnung zwischen 21 und 25 Quadratkilometer schwankt. Mal Land und mal Meer, ständig im Wechsel der Gezeiten.

Am Wochenende gehört Vliehors auch sportlichen Strandwanderern: Bis zu vier Stunden dauert ihre Tippeltour von der Gaststätte «Posthuys» bis zum urigen Strandgutmuseum «Drenkelingenhuisje», an dem auch van der Veen mit dem Truck einen Zwischenstopp einlegt. In früheren Zeiten retteten sich hier die Schiffbrüchigen vor den Sturmfluten, heute laufen dort jedes Jahr ein paar Dutzend Verliebte in den Hafen der Ehe ein.

51 Stufen steigen Verliebte über die schmale Wendeltreppe zum Heiraten auf den Leuchtturm «De Kabouter» – einer weiteren trouwlocatie auf der Insel. 52 Meter über dem Meeresspiegel soll die Turmstube nach Angaben der Inselzeitung «Vlie-Trine» der höchste Ort für das Ja-Wort in den gesamten Niederlanden sein.

Nils Koster verschlug es vor mehr als zehn Jahren auf die Watteninsel. Nicht zum Heiraten, sondern des Berufes wegen, als Musiklehrer. Der 37-jährige Musiker spielt im Folkduo «Drijfhout» (Treibholz) die Geige und hat sich darüber hinaus als Käsemacher einen Namen gemacht. «Erst war es nur Hobby, später wurde daraus Passion.»

Für Besucher bietet Koster Käseverkostungen in seinem Kaasbunker in der Nähe des Leuchtturms an. Eine steile Stiege führt hinab in die geheimnisvolle Unterwelt. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bunker gebaut, heute ist er Reifekeller für den Bunkerkäse. Kosters einzigartige Spezialität ist der Zeewierkaas, Käse mit Meeresalgen: «Ich wollte unbedingt einen Käse aus der Natur der Insel schaffen.»

Vliehors, Leuchtturm, Käsebunker und auch das Infozentrum De Noordwester mit den Fundstücken der Strandräuber – manche Winterurlauber machen um diese Touristenziele einen großen Bogen. Sie schätzen viel mehr die Ruhe auf Vlieland, der vom Festland am weitesten entfernten niederländischen Nordseeinsel. Bei Strandwanderungen trotzen sie dem heftigen Wind aus Nordwest.

Wenn sich der Sturm gelegt hat, steigen die Gäste aufs Fahrrad. Autos sind für Urlauber verboten, nur die Einheimischen haben eine Sondererlaubnis. Die Radtour am stillen Watt von Oost Vlieland bis zur Gaststätte «Posthuys» ist besonders beliebt. Rund 25 Kilometer umfasst das Radwegenetz. Drei Fahrradverleiher halten insgesamt 8000 Zweiräder bereit – eine beachtliche Zahl bei nur 1100 Einwohnern.

Vlieland

Anreise: Mit dem Flugzeug bis Amsterdam-Schiphol. Von dort mit dem Leihwagen bis zur Hafenstadt Harlingen. Fahrtzeit rund zwei Stunden. Im Hafengebiet von Harlingen gibt es kostenpflichtige Langzeitparkplätze. Die Überfahrt dauert rund zwei Stunden, mit dem Schnellboot 45 Minuten

Unterkünfte: Zwölf Hotels gibt es auf der Insel, einige mit Wellnessbereich, daneben viele Ferienhäuser und Wohnungen, zwei Campingplätze. Doppelzimmer im Hotel kosten zwischen 60 bis 150 Euro, Ferienhäuser ab etwa 300 Euro pro Woche.

Informationen: VVV Vlieland, Havenweg 10, NL-8899 Vlieland (Tel.: 0031/562/45 11 11, E-Mail: info@vlieland.net).

Niederländisches Büro für Tourismus & Convention, Postfach 27 05 80, 50511 Köln.


(dpa/tmn)

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