Potsdam – Urlaub in den Sommerferien heißt für viele leider auch: lange Warteschlangen und Stress am Flughafen. In dieser Saison wird an deutschen Airports wieder mit etlichen Verspätungen gerechnet. Flughäfen wie Berlin-Tegel sind überlastet.
Besonders ärgerlich für Urlauber: Nicht selten stünde Passagieren bei Annullierungen und langen Verzögerungen eine Entschädigung zu – doch viele Airlines wehren berechtigte Ansprüche nach wie vor dreist ab, berichten Verbraucherschützer und Dienstleister, die gegen eine Provision die Rechte von Fluggästen durchsetzen.
Die Verbraucherrechte sind eigentlich eindeutig: Beim Ausfall eines Fluges oder einer Verspätung von mehr als drei Stunden steht Reisenden
nach EU-Recht eine Entschädigung zu – je nach Flugdistanz 250, 400 oder 600 Euro.
Eine wichtige Bedingung: Die Annullierung oder Verzögerung darf nicht auf einen sogenannten außergewöhnlichen Umstand zurückgehen. Dieser befreit von der Zahlungspflicht.
Wenn die Airlines Kunden abwimmeln
Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg rät, zunächst die Fluggesellschaft anzuschreiben und die Ansprüche geltend zu machen – am besten per Einwurfbrief, den man verfolgen kann.
«Wichtig ist, der Airline immer eine Frist zu setzen», erklärt die Juristin. Entschädigungsansprüche verjähren erst nach drei Jahren, aber am besten werden Betroffene schnell aktiv.
Fischer-Volk rät, noch am Flughafen zum Beispiel die Ankunftstafel als Beweis für eine Verspätung zu fotografieren – vor allem spät am Abend oder nachts, wenn möglicherweise kein Mitarbeiter der Fluggesellschaft mehr greifbar ist. Auch die Namen und Kontaktdaten von Mitreisenden sollten Urlauber notieren.
Doch mitunter wiegeln die Airlines trotzdem ab: «Man bekommt meist keine Antwort, weil die Airline grundsätzlich nicht reagieren will oder das zeitlich nicht schafft», berichtet Prof. Ronald Schmid, Jurist und Sprecher des Portals Fairplane.
Fadenscheinige Ausreden
Oft berufen sich die Airlines auf außergewöhnliche Umstände. Sie argumentierten zum Beispiel mit schlechtem Wetter, «weil sich das schwer überprüfen lässt», sagt Schmid. «Dabei kommt es aber schon darauf an, ob ein Gewitter zum Beispiel genau in der Einflugschneise des Flugzeuges lag oder nicht.»
«Wer sich im Fluggastrecht nicht auskennt, denkt vielleicht: „Das kann ja mal passieren“», sagt Alexander Weishaupt
vom Portal Flightright. Dabei reiche es nicht aus, auf schlechtes Wetter zu verweisen.
Die EU-Fluggastrechte-Verordnung sieht vor, dass Airlines alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen müssen, um die Folgen des außergewöhnlichen Umstands abzumildern. Ein häufiger Streitpunkt.
Wenn die Fluggesellschaft nicht reagiert, können sich Reisende an die
Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) wenden. Oder an eines der Entschädigungsportale – «aber da zahlt man natürlich etwas», sagt Fischer-Volk. Die Portale gehen bis vor Gericht und übernehmen auch das Kostenrisiko, das viele Passagiere sonst abschreckt.
Airlines wie Ryanair sehen die Portale kritisch: Verbraucher sollten Ansprüche besser direkt bei der Fluggesellschaft einfordern, so Ryanair. Denn gültige Forderungen würden viel schneller und in voller Höhe bezahlt, ohne die Gebühr der Fluggastportale.
Welche Ailines besonders negativ auffallen
Dabei gibt es Unterschiede zwischen den Airlines. «Lufthansa ist relativ einsichtig, zumindest in Fällen, in denen man sich eigentlich nicht streiten kann», berichtet Schmid.
«Wir stellen leider fest, dass die Zahlungsmoral zum Beispiel bei Eurowings, Condor, Vueling, Tuifly und Ryanair schon mal besser war.» Seit 2017 nehme die Zahl der außergerichtlichen Beilegungen von Streitfällen beständig ab.
Ryanair ist laut den Portalen besonders verbraucherfeindlich: «Die Airline verweigert weiterhin sehr hartnäckig die Zahlung der berechtigten Ansprüche von Passagieren», sagt Schmid.
Weishaupt von Flightright bestätigt diesen Eindruck: «Wir haben sehr viele Ryanair-Fälle und gehen tausendfach vor Gericht, um das Recht der Geschädigten durchzusetzen.»
Als schwarze Schafe, die sich wenig kooperativ zeigen, nennt das Portal unter anderem Ryanair, Vueling, Iberia, Turkish Airlines und Aeroflot – und in Teilen auch Easyjet.
Ryanair weist die Kritik zurück und teilt mit, man verfüge über ein «faires, schnelles und transparentes Entschädigungssystem für Kundenforderungen».
Betreuung muss immer sein
Nicht nur mit der Zahlungsmoral der Fluggesellschaften ist es nicht immer zum Besten bestellt. «An der Betreuung der Fluggäste hapert es oft», sagt Weishaupt. «Wenn Fluggäste stranden, sind Airlines verpflichtet, für eine Übernachtung zu sorgen.»
Das passiere aber nicht in jedem Fall. Dabei ist es egal, ob die Fluggesellschaft für eine Verspätung oder Annullierung verantwortlich ist. Nach EU-Recht muss sie ihre Passagiere stets betreuen. Das gilt zum Beispiel bei einem Streik der Flugbegleiter.
«Vielen Fluggästen ist nicht bewusst, dass sie bei Verspätungen ein Recht auf Verpflegung haben», sagt Weishaupt. Bei kurzen Flügen, etwa von Frankfurt nach Mallorca, gilt das ab zwei Stunden Wartezeit. «Vor allem die günstigen Fluggesellschaften ignorieren das oft.»
(dpa/tmn)