Berlin – Bei Ryanair wollen am Mittwoch (12. September) die Piloten und Flugbegleiter streiken. Bereits im August sorgte ein Ausstand der Piloten für viele Flugausfälle und Verspätungen. Auch jetzt müssen Reisende mit erheblichen Einschränkungen rechnen. Diese Rechte haben Betroffene:
Muss Ryanair mich umbuchen?
Auf die Umbuchung haben Passagiere laut der
Fluggastrechte-Verordnungder EU einen Anspruch. Möglich ist auch, dass Passagiere auf andere Transportmittel gebucht werden, wenn das Ziel per Bus oder Bahn erreichbar ist.
Was ist, wenn ich im Urlaub wegen des Streiks festsitze?
Stranden Passagiere vorübergehend am Flughafen, muss die Fluggesellschaft sie betreuen – unabhängig davon, ob das Unternehmen für die Verspätungen und Ausfälle verantwortlich ist. Passagiere haben Anspruch auf Verpflegung. Verschiebt sich der Flug auf einen anderen Tag, muss die Airline die Hotelübernachtung übernehmen.
Was gilt bei Pauschalreisen?
Ist der Ryanair-Flug Teil einer Pauschalreise, ist nicht die Airline der Ansprechpartner, sondern der Reiseveranstalter. Er ist nach Angaben der
Verbraucherzentralen auch bei Streiks verantwortlich für Kosten, die Reisenden durch eine Verspätung entstehen. Das können zum Beispiel Ausgaben für Verpflegung, Unterkunft, Taxifahrten und Telefonate sein. Bei großen Verspätungen können Pauschalreisende außerdem den Reisepreis mindern. Dafür gibt es Rechentabellen: Ab fünf Stunden Verspätung können Urlauber pro Stunde Verspätung fünf Prozent des anteiligen Tagespreises zurückfordern.
Steht mir bei streikbedingten Flugausfällen eine Entschädigung zu?
Bei Pilotenstreiks haben Reisende eigentlich keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung für Ausfälle oder Verspätungen von mehr als drei Stunden. Ein Streik gilt als außergewöhnlicher Umstand. Das gilt aber nur unter der Bedingung, dass die Airline alles in ihrer Macht stehende unternimmt, um die Folgen des Ausstands zu minimieren.
Allerdings hat sich die Rechtsprechung inzwischen weiterentwickelt, erklärt der Reiserechtsexperte Paul Degott aus Hannover. So entschied der Europäische Gerichtshof im April 2018, dass eine Airline bei einem wilden Streik nur unter zwei Bedingungen von der Erstattungspflicht befreit werden könne: Zum einen dürfe das Ereignis, das zu den Behinderungen führte, nicht Teil der normalen Betriebstätigkeit sein. Und zum anderen dürfe es von der Airline nicht beherrschbar sein (Az.: C-195/17).
Aus dem Urteil leitet Degott ab, dass Entschädigungszahlungen auch bei regulären Streiks möglich sind – wenn es den Streikenden nicht nur um die Bezahlung, sondern um die Arbeitskonditionen insgesamt geht. Betrachtet man die Streikgründe des Ryanair-Personals, «dann liegt das sehr nahe an dem, was der EuGH sagt», urteilt Degott. Allerdings müsse das zunächst erneut gerichtlich geklärt werden. Der Jurist rät, vorsorglich Ausgleichszahlungen zu fordern.
(dpa/tmn)