Hamburg – «Haben Sie noch einen Fensterplatz?» Noch vor wenigen Jahren war es kein Problem, beim Check-in am Flughafen seinen Wunschsitzplatz im Flugzeug zu bekommen.
Heute ist das nicht mehr so einfach. Denn die meisten Fluggesellschaften wollen mit den Reservierungen von Sitzplätzen zusätzliches Geld verdienen. Wie kommen Passagiere trotzdem noch ohne Aufpreis zu ihrem Wunschsitz?
Sitzplatzreservierungen für Familien
«Wünsche kosten beim Fliegen Geld», sagt der Luftfahrtexperte Cord Schellenberg aus Hamburg. «Wer einen speziellen Sitzplatz wünscht, ist meist auch bereit, mehr als den üblichen Ticketpreis zu bezahlen.» Auf Langstreckenflügen kann das für Familien jedoch schnell deutlich mehr als 100 Euro für Hin- und Rückflug kosten. «Für die Airlines ist das inzwischen eine wichtige Zusatzeinnahmequelle geworden», bestätigt der Experte.
Das bedeutet: Wenn Familien im Flieger zusammensitzen wollen, kommen sie häufig kaum noch um Sitzplatzreservierungen herum. Das gilt auch auf Flügen innerhalb Europas – und besonders bei Billigfliegern.
Passagiere berichteten immer wieder davon, dass Ryanair sie absichtlich auseinander gesetzt habe. Am Schalter einen Mitarbeiter nach einem gewünschten Sitz fragen, ist bei der Airline praktisch nicht möglich. Passagiere müssen online einchecken, der Check-in am Flughafen kostet eine Gebühr. Wer online keinen kostenpflichtigen Sitzplatz auswählt, dem wird ein beliebiger Platz zugewiesen.
Zuweisung ohne Reservierung
Kunden, die sich gegen die Sitzplatzreservierung entscheiden, könnten bei Gelegenheit immer noch auf einen Sitzplatz am Gang oder einem Sitz mit zusätzlicher Beinfreiheit gesetzt werden, heißt es von Ryanair. «Da diese Plätze bei den Kunden, die Sitze reservieren, sehr beliebt sind, kommt dies eher selten vor», erklärt eine Sprecherin.
Beim Billigflieger
Easyjet ist es ähnlich: Wenn Passagiere keine Reservierung vornehmen, werden die Sitzplätze kostenlos und zufällig beim Einchecken zugewiesen. Je nach Verfügbarkeit erhalten Passagiere derselben Buchung zusammenhängende Sitzplätze. «Dies können wir jedoch nicht garantieren, insbesondere, je näher die Abflugzeit rückt», erklärt ein Easyjet-Sprecher.
Für Familien, Gruppen und selbst Paare bleibt bei Low-Cost-Airlines also immer das Risiko, getrennt voneinander zu sitzen.
Begehrte Plätze sind früh vergeben
Etwas anders ist es bei Fluggesellschaften, die noch mehr Leistungen inklusive anbieten. «Die meisten Check-in-Mitarbeiter helfen weiterhin gern und erfüllen Sitzplatzwünsche», sagt Schellenberg. Bei stark gebuchten Flügen sei das meist aber nicht so leicht. Denn viele Reisende erledigen den Check-in bereits Tage vorher online. Somit sind viele Plätze schon fest vergeben.
Flugreisende sollten deshalb prüfen, ob sie bereits beim Online-Check-in kostenlos ihre Wunschsitzplätze auswählen können. Bei Airlines wie Lufthansa ist das weiterhin möglich. Lediglich wer Economy Light bucht, muss für das frühe Reservieren eines Sitzplatzes bis 48 Stunden vor Abflug extra zahlen. Beim Check-in selbst lassen sich dann jedoch alle noch verfügbaren Sitzplätze weiterhin kostenfrei auswählen, wie die Fluggesellschaft erläutert.
Um einem Aufpreis zu entgehen, ist an Bord von Billigfliegern oft zu beobachten, wie Passagiere untereinander Sitze tauschen. Das ist zwar streng genommen nicht erwünscht, praktisch aber meist kein Problem.
Den Flugbegleiter nach Sitzplatzwechsel fragen
Aufgrund von Gewicht, Balance, Sicherheit und um Verspätungen beim Boarding zu vermeiden, fordert
Ryanair nach eigenen Angaben jeden Kunden auf, auf dem ihm zugewiesenen Platz sitzen zu bleiben. Bei Easyjet ist eine Änderung des Sitzplatzes an Bord «lediglich nach Absprache mit der Kabinen-Crew möglich», heißt es.
Schellenberg hat aber die Beobachtung gemacht, dass Flugbegleiter gern bereit sind, einem Sitzplatzwechsel an Bord zuzustimmen, wenn man danach fragt. «Selbst bei Ryanair stimmt die Besatzung meistens zu, wenn Passagiere ihre Sitzplätze tauschen wollen, damit auseinander gesetzte Menschen doch beieinander sitzen können.»
Wer besonders viel Glück hat, darf sogar ohne Aufpreis am Notausgang mit entsprechender Beinfreiheit sitzen. Sind die ansonsten teuer verkauften Plätze nicht besetzt, sind Flugbegleiter aufgefordert, erwachsene und gesunde Reisende anzusprechen und auf diese besonderen Plätze umzusetzen, wie Schellenberg erklärt. Die ausgewählten Passagiere müssen dann im Ernstfall die Notausstiege öffnen und eine Evakuierung des Flugzeugs unterstützen.
(dpa/tmn)