Möchte man sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Shanghai fortbewegen und nicht einen der unzähligen, aber langsamen Busse nehmen, bietet sich die Metro an. Jedoch ist sie nur etwas für Menschen, die nicht zur Klaustrophobie neigen, denn an fast jeder Metrostation warten Hunderte von Menschen. Es scheint, als möchte halb Shanghai unbedingt gerade jetzt fahren.
Bei über 18 Millionen Einwohnern und nur fünf Metrolinien erklärt sich dieser Andrang auch sehr schnell. In der Rushhour möchte jeder schnell nach Hause zurück, aber mit der Metro kann das in Shanghai nun mal ein wenig dauern. Die Bahn fährt ein und wenn in Deutschland die Leute wegen Überfüllung draußen stehen bleiben würden, fangen die Chinesen erst richtig an zu drängeln. Geht nicht, gibt es bei ihnen nicht und Distanz ist ein Fremdwort. Es wird gequetscht was das Zeug hält. Höflichkeit ist in diesem Fall nicht angebracht, sie lässt einen für Stunden an derselben Station stehen bleiben. Auch auf Aussteigende wird nicht gewartet, jeder, der einen Zentimeter Platz irgendwo erblickt, drängt los. Innendrin sind Haltegurte völlig überflüssig – wo kein Freiraum ist, kann auch keiner hinfallen! Hat man die sauerstoffarme Fahrt überlebt und das Glück, an einer großen Station auszusteigen, braucht man nicht herausgehen, man wird einfach von der Masse ins Freie gespült. Es ist bewundernswert, mit was für einer Ruhe die Fahrgäste sich in ihr unterirdisches Schicksal Tag für Tag begeben. Trotz Enge und Atemnot kann man als Reisender das Erlebnis Metrofahrt auch noch von einer anderen Seite sehen: Wer die Stadt wirklich kennen lernen und mit ihren Einwohnern auf Tuchfühlung gehen möchte, sollte einmal Metro gefahren sein.
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