Niederlande bei Nacht: Sterne gucken in Lauwersmeer

Lauwersoog –

Wegen der Corona-Pandemie ist Reisen für unbestimmte Zeit nicht möglich – doch es spricht ja nichts dagegen, sich schon jetzt ein paar Gedanken über den nächsten Urlaub zu machen. Das gilt auch für Hobbyastronomen. Wie wäre es zum Beispiel mal mit einem Sternenpark in Lauwersmeer?

Die Sehenswürdigkeit liegt hinter Wolken. In anderen Nächten bietet der Holzturm am östlichen Rand des
Nationalparks Lauwersmeer einen freien Blick auf die Milchstraße – ein funkelndes Band am Himmel, das man hier besonders gut sieht.

Die Dunkelheit hat sich über die baumlose Ebene gelegt. Nur in weiter Ferne sind Lichter auszumachen, in Oostmahorn zum Beispiel, einem Dorf am Westrand des Nationalparks. Und im Südosten, über dem rund 30 Kilometer entfernten Groningen, leuchtet der Himmel in Orange.

Wo das Licht einen Rückzieher machte

Jan Willems hat seine Gäste auf den Turm geführt. 20 Jahre lang hat er in dem Nationalpark an der Grenze zwischen Friesland und Groningen als Förster gearbeitet. Nun bringt er Besucher nachts zu Orten, von denen aus man die Sterne beobachten kann.

Ein paar Gänse fliegen laut schnatternd davon. Wahrscheinlich ein Fuchs, sagt Willems. Die Natur ist nur noch in Umrissen zu erkennen. Die Sandfläche wirkt dunkler als das Meer. Selbst von einer Kaserne ganz in der Nähe ist kaum etwas zu sehen. Optimale Bedingungen für den Blick in den Sternenhimmel. Doch die Natur zeigt sich launig.

Dicke Wolken haben sich vor den Großen und Kleinen Bär geschoben. Also erzählt Willems, was man nicht sieht. Die Milchstraße zum Beispiel, die man an vielen anderen Orten selbst bei wolkenlosem Himmel nicht sehen kann – zu groß ist die Lichtverschmutzung.

Saturns Ringe und Jupiters Monde

«Künstliches Licht ist ein Segen», sagt Jaap Kloosterhuis. «Aber es gibt zu viel, und ein großer Teil ist unnötig.» Kloosterhuis ist Nachfolger von Jan Willems im Försteramt. Er arbeitet im Aktivitätszentrum Lauwersnest. Dort hängt eine Karte mit Planeten. Kloosterhuis deutet auf den Saturn. «Dessen Ringe sieht man hier deutlicher als an vielen anderen Orten» – jedenfalls durch ein Teleskop. Das Gleiche gilt für die Monde des Jupiter.

Wenn dann noch der Mars rötlich schimmert oder Sternschnuppen vom Himmel regnen, dann springt die Begeisterung von Kloosterhuis bei nächtlichen Exkursionen auf die Teilnehmer über.

Solche Exkursionen gehören zu seinem Auftrag, so will es auch die International Dark Sky Association (IDA). Die US-Organisation vergibt das Prädikat Dark Sky Park. Weltweit gibt es bislang rund 70 solcher Parks, darunter so bekannte wie das Death Valley und der Grand Canyon. In den Niederlanden sind es zwei: die Boschplaat auf Terschelling und das Lauwersmeer.

Schutz für Insekten und Vögel

Kloosterhuis sieht sich als «Dark-Sky-Evangelist». Seine Botschaft: Nachts ist es dunkel, darauf ist die Natur eingestellt. Kunstlicht bringt die Ökosysteme durcheinander. Insekten sind für ihn nur ein Beispiel. Sie werden vom Licht angezogen und umkreisen es, bis sie ermattet zu Boden sinken, zu schwach, um noch Pflanzen zu bestäuben oder einen Partner zu suchen.

Gänse wiederum verwechseln Rottöne im Licht mit dem Sonnenaufgang. Dann fliegen sie im Kreis um die hell erleuchteten Ölplattformen in der Nordsee. «Und wenn der Treibstoff ausgeht, fallen sie ins Meer.» Deshalb leuchtet das Licht auf Bohrinseln inzwischen meist grünlich. Im Nationalpark Lauwersmeer finden Vögel noch «eine besonders gute Nachtruhe», ist Kloosterhuis überzeugt.

Hier können sich die Tiere stärken für ihre anstrengende Weiterreise in südliche Gefilde. Oder in Ruhe ihre Nester bauen. Die Uferschnepfe brütet zum Beispiel nicht, wenn Kunstlicht in der Nähe ist. Im Nationalpark kann man sie noch beobachten. Ob Ornithologe oder Hobby-Astronom – ein Fernglas sollte man auf jeden Fall mitbringen. Und vorher vielleicht einen Blick auf die Wetterkarte werfen.

Informationen: VVV Groningen, Grote Markt 29, 9712 HS Groningen (Tel.: 0031 50 31 39 741, E-Mail: in-fo@vvvgroningen.nl, www.visitgroningen.nl).


(dpa/tmn)

(dpa)