Hamburg – Einmal pro Sekunde klackt es leise. Es ist das einzige Geräusch, das in dem kalten, lichtlosen Raum zu hören ist. Dann ist das Geräusch, das sogenannte frühere Pausenzeichen des Radios, plötzlich weg.
Stattdessen kommt eine Ansage: «Achtung, Achtung! Hier ist der Befehlsstand der 1. Flakdivision Berlin. Die gemeldeten Bomberverbände befinden sich im Raum Hannover/Braunschweig. Wir kommen wieder.» Der anschließenden Ruhe folgt das Getrampel von Menschen, die mit Getöse in den Schutzraum laufen, das Pfeifen abgeworfener Bomben, dumpfe Schläge und wuchtige Explosionen im Sekundentakt.
Alte Bunker erkunden
Diese Audioaufnahme ist Teil der mehr als einstündigen Führung durch das
Hamburger Bunkermuseum. «Wenn Zeitzeugen das hören, sagen sie oft: «Das war noch gar nichts! So ging das damals drei Stunden lang ohne Pause»», sagt Gunnar Wulf. Der 63-Jährige ist Leiter des Stadtteilarchivs in Hamburg-Hamm. Und damit auch für den Röhrenbunker aus dem Zweiten Weltkrieg verantwortlich, der dank des Stadtteilarchivs seit 1997 ein Museum ist.
Wenn Wulf mehrmals in der Woche Dienst im Bunker macht, muss er erst mehrere Treppenstufen in die Tiefe gehen und schließlich die schweren Eisentüren der verschiedenen meterlangen Röhren öffnen. Ein Meter dicke Wände, fünf bis sechs Grad Celsius, kein Tageslicht, harte Holzbänke. Gemütlich ist das nicht unbedingt. «Zwei Pullover und eine dick gefütterte Jacke hab ich heute an.»
Bunkermuseen in ganz Deutschland
Deutschlandweit gibt es mehrere Bunkermuseen. Auch beispielsweise in Emden an der Nordsee und Schweinfurt im Norden Bayerns erinnern Museen in Hochbunkern an die Schrecken des Zweiten Weltkrieges. In der Hauptstadt werden Interessierte in die
«Berliner Unterwelten» mitgenommen, wo auch Bunker gezeigt werden.
Bunker wurden im Zweiten Weltkrieg im Eilverfahren zum Schutz der Bevölkerung vor den Luftangriffen im ganzen Reich errichtet. Viele davon auch in Hamburg – auch wegen der Wichtigkeit der Industrie, der Werften und des Hafens. Noch heute sollen zwischen 500 und 700 dieser Luftschutzbauten in der Hansestadt existieren. Die Metropole wird deshalb oft als Bunker-Hochburg bezeichnet.
Nicht nur in Hamburg werden die steinernen Zeitzeugen mittlerweile neu genutzt. Ob exklusiver Wohnraum, außergewöhnlicher Platz zum Feiern, praktisch kühler Lagerraum oder hervorragend schallgedämpfter Probenraum für Musiker – die Kolosse lassen viele Möglichkeiten der Nachnutzung zu.
«Was es heißt, Krieg erleben zu müssen»
Dem Chef des Hamburger Bunkermuseums ist es wichtig, dass die Erinnerung an die schrecklichen Kriegszeiten nicht verblasst. Viele der rund 2000 Besucher im Jahr sind Schüler. «Das ist wichtig vor allem für die Jüngeren. Damit können wir zeigen, was es heißt, Krieg erleben zu müssen», sagt Wulf.
Im Museum wird dafür nicht nur die Tonaufnahme mit den Bombenabwürfen abgespielt. Auch der Bericht einer Zeitzeugin ist zu hören. Ihre detaillierten Schilderungen von der dramatischen Flucht mit vier Kindern vor dem tödlichen Feuersturm in der Nacht auf den 28. Juli 1943 gehen ans Herz. Die Stimme der Frau bricht immer wieder ab. Der Schrecken des Krieges wird so wieder und wieder eindrücklich in den Röhrenbunker geholt.
«Das war schon beeindruckend», sagt die 62 Jahre alte Karen Jansen aus Ahrensburg nach dem Museumsbesuch. Sie habe dabei auch an die Menschen in Syrien denken müssen, die heute das erleben, was ihre Eltern damals erleben mussten. «Das Bunkermuseum ist wichtig für die Jüngeren. Sie sollten das hören, um zu spüren, wie wichtig auch der Frieden ist.»
(dpa)