Müllheim – Erst ein Kirschwasserbad, dann eine dicke Fondantpackung und anschließend zum Trocknen auf die Leine. Die Kirschen in der
Schokoladen-Werkstatt in Müllheim im Schwarzwald warten in Reih und Glied auf ihre Vollendung.
Fehlt nur noch die Schokolade: Fertig ist die Schwarzwälder Stielkirsche. Für Chocolatière Andrea Weyherter bleibt sie die «Königin der Pralinen».
Heimatverbunden, aber von der klassischen Schwarzwald-Romantik weit entfernt: Das ist nicht nur die Müllheimerin Andrea Weyherter. Im Schwarzwald gibt es eine Reihe gestandener Unternehmerinnen, die sich ein eigenes Refugium geschaffen haben. Sie leben von und mit der Region und präsentieren Besuchern ihre Neuinterpretation.
Schokolade zum Wein? Da sagt Winzerin Andrea Engler-Waibel vom
Weingut Engler nicht nein. «Weintraube trifft Kakaobohne» heißt es, wenn sie in Müllheim gemeinsam mit Andrea Weyherter einlädt. Passend zur Traditionstraube Gutedel nascht der Besucher weiße Schokolade mit Limette, Thymian und Walnüssen.
Apfelschnaps mit Familientradition
Weinberge wechseln sich ab mit Streuobstwiesen, auch das ist Schwarzwald. Im Halbschatten eines Apfelbaums sitzt Elke Niemann mit einem schmalen Glas in der Hand. Ihr Großvater hat die Bäume einst gepflanzt. «Wir wissen nicht, wie die Sorte heißt», sagt sie mit einem Blick nach oben. Was allerdings die
Talblickbrennerei in Ettenheim aus ihnen herstellt, trägt einen markanten Namen: «von Daheim» – woher auch sonst?
Das Schnapsbrennen hat Tradition hier. Von ehemals 20.000 Brennereien sind noch ein knappes Drittel aktiv. «Hier wurde schon immer gebrannt, was auf den eigenen Wiesen gewachsen ist», sagt Niemann. Lange war die Arbeit eine Männer-Domäne. Als die gelernte Chemikerin, die jahrelang in Frankfurt zu Hause war, mit der Familie in die Heimat zurückkehrte und die Brennerei übernahm, wurde sie von den Kollegen skeptisch beäugt. «Mädli, brenscht du jetzt auch?»
Ja, das tut sie. Mit Geduld, die sie vom Vater gelernt hat, und der ihr eigenen Genauigkeit begleitet sie den Brennprozess. Auch wenn die alten Holzfässer längst modernen Edelstahltanks gewichen sind – dieser Prozess dauert noch genauso lang wie früher.
Spitzenküche ohne Schnickschnack
Hier in der Region findet man auch die einzige Frau unter den deutschen Zwei-Sterne-Köchen.
Douce Steiner beeindruckt im Restaurant «Hirschen» in Sulzburg mit ihrer französisch inspirierten Spitzenküche die Gäste. Unaufgeregt, gelassen, selbstbewusst.
«Ich denke immer daran, was ich selbst gern essen würde», sagt die schlanke 48-Jährige, die mit ihrem Mann den Betrieb führt. «Ich habe keine Lust auf Spielzeugkram. Ich möchte das Produkt sehen.» Nichts soll davon ablenken, serviert wird auf weißem Geschirr.
Eine Kuckucksuhr muss sein
Auch wenn dieser «Hirschen» wohl der bekannteste im Schwarzwald ist – das gleichnamige Hotel in St. Märgen hat Inhaberin Katharina Lausterer kurzerhand «Der Hirschen» genannt. Sie ist in der Gegend tief verwurzelt. «Jedes Mal, wenn ich früher das Höllental hochfuhr, dachte ich: Mein Gott, wie schön hier», sagt die 42-Jährige. Eine geschnitzte Kuckucksuhr ziert die Lobby des Hotels. Dazu kombiniert Lausterer moderne Lounge-Möbel – Urbanität im Ländlichen.
Hausgemachtes aus der Region
Einen anderen, aber nicht weniger erfolgreichen Weg gehen die Frauen im
«Café Goldene Krone» nur ein paar Meter die Straße hinunter. Weil die ehemalige Klosterherberge abgerissen werden sollte, taten sich rund zwei Dutzend Frauen aus dem Ort und der Umgebung zusammen und übernahmen das Café.
Morgens um vier Uhr schmeißt die Tagesschicht den Ofen an. Alle hier arbeiten in familienfreundlicher Teilzeit. Auf der Karte stehen frisch gebackenes Brot, Produkte aus der Region, Suppen, hausgemachte Kuchen. Und natürlich der Klassiker: Schwarzwälder Kirsch. In diesem Fall allerdings tatsächlich die Torte.
Kulinarik im Schwarzwald
Informationen: Schwarzwald Tourismus, Heinrich-von-Stephan-Straße 8b, 79100 Freiburg (Tel.: 0761/89 64 60, E-Mail: mail@schwarzwald-tourismus.info, www.schwarzwald-tourismus.info).
(dpa/tmn)