Feenkrebse und mehr: Die Wahner Heide bei Köln

Köln (dpa/tmn) – Wenn Holger Sticht über die Heide spricht, dann fällt ihm direkt der Fußball ein. «Die Wahner Heide spielt in der Champions League der europäischen Naturschutzgebiete mit», sagt der Vorsitzende des Bündnisses Heideterrasse, einem Zusammenschluss von Natur- und Umweltschutzgruppen.

Mehr als 700 Tier- und Pflanzenarten, die auf der Roten Liste verzeichnet sind, leben in der weitläufigen Heide- und Waldlandschaft. Das Schutzgebiet liegt im rheinischen Städtedreieck zwischen Köln, Rösrath und Troisdorf in unmittelbarer Nachbarschaft des Köln-Bonner Flughafens.

Dort hebt alle paar Minuten ein Flieger von der fast vier Kilometer langen Startbahn ab. Donnerndes Grollen schallt über das Land. Dann ist es wieder ganz still – fast. Grillen zirpen, Kohlmeisen und Neuntöter zwitschern, Spechte hämmern in den dichten Waldungen. Natur pur am Rand der Millionenmetropole Köln. Auf zehn markierten Rundwegen entdecken Wanderer die Landschaft zwischen dem Flughafen und der Autobahn Köln-Frankfurt. Sie ist sehr abwechslungsreich. Auf der Geisterbusch-Tour taucht das Heidekraut auf. Die Besenheide verwandelt die Landschaft Ende August in ein violettes Blütenmeer.

«Unter den dicken Hecken», «Wolfsheide», «In den vierzig Morgen» – so heißen einige Flurstücke des Gebietes, das erst seit 2004 ständig für Besucher geöffnet ist. Davor diente es ab 1953 der belgischen Armee vom Camp Altenrath als Panzerübungsgelände. Während dieser Zeit waren Wald und Heide nur an Wochenenden und einigen Feiertagen zugänglich.

Vom Camp ist heute nur die Panzer-Waschstrasse zu sehen, Gestrüpp überwuchert die Militäranlage. «Lebensgefahr. Das gesamte Gelände ist auf Grund seiner historischen Nutzung mit Munition und sonstigen Kampfmitteln belastet» – so warnen überdimensionale Schilder.

Schon ab 1818 machte der preußische Staat die Wahner Heide zum Schießplatz und Manövergebiet, Artilleriesoldaten feuerten im Hühnerbruch ihre Kanonen ab. Von 1913 an baute die Luftwaffe in Köln-Wahn einen Fliegerhorst auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die britische Royal Air Force die Kasernen und erweiterte den Fliegerhorst, der 1957 für den Zivilverkehr freigegeben wurde.

Das militärische Sperrgebiet war ein Glücksfall für die Natur. So konnten über mehrere Generationen hinweg dort weder Wohn- noch Industriegebiete entstehen – mit der unrühmlichen Ausnahme des Flughafens», meint Naturschützer Sticht.

Trotz Kanonendonner und Panzerlärm haben sich Tier- und Pflanzenwelt in der einsamen Sperrzone prächtig entwickelt. Naturkundler zählen in dem weitläufigen Gebiet 100 Brutvogelarten und 2500 verschiedene Käfer. Als «Juwel» bezeichnet Sticht die Wahner Heide, die erstmals 1931 unter Naturschutz gestellt wurde.

Auch Rothirsche, Rehe und Wildschweine leben im Schutzgebiet. Die Kohlmeise, Wintergoldhähnchen, Gartenbaumläufer, Raubwürger, Ziegenmelker und der seltene Wendehals begeistern die Vogelkundler unter den Besuchern. «Zu den wertvollsten Arten zählt der streng geschützte Sommer-Feenkrebs», erklärt Heidefachmann Sticht.

Rastplätze für Wanderer mit Bänken gibt es in dem Schutzgebiet nicht. Das Heideland soll nach dem Willen der Naturschützer urig bleiben – sozusagen unmöbliert.

Info-Kasten: Die Wahner Heide

Reiseziel: Die Wahner Heide liegt zwischen Köln, Rösrath und Troisdorf. Sie zählt nach dem Siebengebirge und dem Arnsberger Wald zu den größten Naturschutzgebieten in Nordrhein-Westfalen.

Anreise: Mit dem Flugzeug zum Flughafen Köln/Bonn. Von dort mit dem Auto zum Heideportal Turmhof, Kammerbroich 67, 51503 Rösrath. Oder mit der Regionalbahn RB 25 ab Köln-Hauptbahnhof bis Rösrath-Stümpen, von dort ausgeschilderter Fußweg zum Turmhof.

Reisezeit: Ganzjährig. Im Mai blüht der Ginster, im August die Heide.

Informationen: Heideportal Turmhof, Kammerbroich 67, 51503 Rösrath (Tel.: 02205/9477800, E-Mail: info@turmhof.net, www.turmhof.net).











(dpa)