Boston – Erst vor 240 Jahren gegründet, sind die USA ein verhältnismäßig junges Land. Aber die Geschichte Amerikas hat Europa und oft die ganze Welt beeinflusst. Entscheidende Akteure waren meist die Präsidenten.
Unter ihren waren arme Schlucker und Millionäre, Genies und Dummköpfe, Trunkenbolde und selbstlose Diener ihres Landes. Ein Besuch an ihren Gräbern sagt viel aus über ihre jeweilige Zeit – und über die USA von heute, die gerade damit befasst sind, über den nächsten Commander-in-Chief zu entscheiden.
Von den bisher 44 Präsidenten wurden nur 8 westlich des Mississippi geboren. Auch aus diesem Grund lohnt es, sich auf der Suche nach Präsidentengräbern auf die Ostküste zu konzentrieren. Ein guter Start ist Boston, wo ohnehin sehr viel amerikanische Geschichte begann.
Im Vorort Quincy sind gleich zwei Präsidenten bestattet. John Adams war der erste Zweite und der zweite Erste: Zunächst Vizepräsident unter George Washington (1789-1797), dann dessen Nachfolger als zweiter Präsident der USA (1797-1801). Adams‘ Sohn John Quincy Adams, der ebenfalls in Quincy beigesetzt ist, wurde später der sechste Präsident der USA (1825-1829). Einmal im Jahr versammele sich hier die Familie Adams, erzählt Ned Pride von der kleinen Kirchengemeinde in
Quincy. «Das ist dann hier wie eine Seite aus dem Geschichtsbuch.»
Wer die Reise in New York fortsetzt, findet in der Stadt nur einen Präsidenten bestattet: Der vorherige Bürgerkriegsgeneral Ulysses S. Grant starb 1885 und wurde auf Wunsch seiner Frau in Harlem beigesetzt – damals ein nobler Vorort New Yorks. Sein Grabmal ist eine kleine Kopie von Napoleons Grab in Paris. Außerhalb der Stadt liegen dagegen zwei Präsidenten begraben, und beide hießen Roosevelt.
Direkt am Atlantik ruht
Theodore Roosevelt(1901-1909) – mit 42 Jahren der jüngste Präsident, den die USA je hatten. Er starb 1919 nur zwei Monate nach seinem 60. Geburtstag. Sein bescheidenes Grab fällt in Oyster Bay auf Long Island kaum auf. Eingraviert ist ein Zitat: «Behalte die Sterne im Blick und die Füße auf dem Boden.»
Franklin D. Roosevelt war der einzige Präsident, der sich mehr als zwei Mal wählen ließ. Er starb 1945 kurz nach Beginn seiner vierten Amtszeit und wurde in Hyde Park nördlich New Yorks begraben. Es ist ein stiller, luxuriöser Ort, der zeigt, wie wenig der zuweilen als Sozialist bezeichnete Roosevelt mit einfachen Leuten zu tun hatte.
Reist man weiter gen Süden, kommt man durch Pennsylvania. Dort gibt es nur ein Präsidentengrab: auf dem Friedhof in Lancaster, westlich von Philadelphia, das von James Buchanan (1857-1861). Den Vorgänger Abraham Lincolns halten Historiker für einen der schlechtesten Präsidenten der US-Geschichte, der oft betrunken war, während das Land zerbrach. Etwas weiter südlich in der Hauptstadt Washington ist ebenfalls nur ein Präsident beigesetzt: Woodrow Wilson (1913-1921). Er liegt in der National Cathedral, die auf den ersten Blick wie ein gotischer Dom aussieht, deren Bau aber erst 1990 endete.
Zwei weitere US-Präsidenten liegen auf dem Nationalfriedhof Arlington bei Washington. Der eine ist Wilsons Vorgänger Howard Taft, der mit 160 Kilogramm schwerste Präsident, der angeblich zweimal in der Badewanne des Weißen Hauses steckenblieb, bevor eine runde angeschafft wurde. Der zweite ist ein Popstar: John F. Kennedy, erschossen 1963 in Dallas. An der ewigen Flamme, die auf dem Grab seit 53 Jahren brennt, liegen jeden Tag frische Blumen. Neben ihm ruht seine Frau Jacqueline. Fast immer kniet am Grab jemand im Gebet.
Von den 44 US-Präsidenten kamen 8 aus Virginia, darunter auch der allererste:
George Washington (1789-1797) besaß eine Plantage, heute nur ein paar Autominuten von der nach ihm benannten Stadt entfernt. Auf Mount Vernon kann man Washingtons Herrenhaus besichtigen. Erst seit ein paar Jahrzehnten werden auch die Sklavenunterkünfte gezeigt. Sie liegen in einigem Abstand zur Gruft des ersten Präsidenten. Das gilt auch für den Familienfriedhof, auf dem James Madison (1809-1817) in Virginia ruht. Der mit 1,63 Meter kleinste aller US-Präsidenten gilt als Vater der US-Verfassung. Er war der vierte im Amt, seine Plantage Montpelier ist heute ein Museum und geöffnet für Besucher.
Das gilt auch für Monticello vor den Toren von Fredericksburg in Virginia. Die Plantage gehörte Thomas Jefferson (1801-1809), einer ambivalenten Figur. Er pries die Freiheit als höchstes Gut, besaß aber Sklaven. Er schrieb Bücher über gutes Wirtschaften, war aber hoch verschuldet. Auf Monticello kann man heute noch einige seiner brillanten Erfindungen sehen – und natürlich sein Grab.
(dpa/tmn)