Peking – In China treten immer mehr Fälle der tödlichen Lungenkrankheit auf. Mit der gerade laufenden Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest am kommenden Samstag (25. Januar) wächst die Gefahr einer Übertragung weiter. Bei der größten jährlichen Völkerwanderung sind einige Hundert Millionen Chinesen unterwegs.
Im Kampf gegen die Ausbreitung hat die chinesische Hauptstadt Peking alle größeren Veranstaltungen und Tempelfeste anlässlich des chinesischen Neujahrsfestes nun gestrichen. Die städtische Tourismusbehörde teilte mit, dass damit «die Ansammlungen von Menschen verringert werden sollen». Die Gesundheit habe Vorrang. Die Anweisung gilt von sofort an und betrifft auch die traditionellen Jahrmärkte in den Tempeln der Hauptstadt, die normalerweise über die zwei Wochen andauernden Neujahrsfeierlichkeiten stattfinden.
Erstes Auftreten auf Fischmarkt in Wuhan
Chinas Gesundheitskommission erklärte, die anfänglichen Infektionen wurden mit einem inzwischen geschlossenen Fischmarkt in Wuhan in Verbindung gebracht, auf dem auch Wildtiere verkauft wurden. Der Großteil der Infektionen konzentrierte sich weiter auf die 11-Millionen-Metropole.
Nun sollen weder Züge noch Flugzeuge die Stadt verlassen dürfen. Das berichtete die staatliche Zeitung «China Daily» unter Berufung auf lokale Behörden. Zudem soll der gesamte öffentliche Nahverkehr vorübergehend stillstehen. Damit soll das Risiko minimiert werden, dass sich das Virus weiter ausbreitet. Die Bewohner von Wuhan seien aufgefordert, die Stadt nicht ohne triftigen Grund zu verlassen.
Auch in Chibi werde der öffentliche Verkehr und die Verbindungen zu anderen Orten ausgesetzt, berichtete die Stadtregierung. Die Beschränkungen gelten von Mitternacht an. Die Stadt Chibi hat etwa eine halbe Million Einwohner und liegt rund 120 Kilometer südlich von Wuhan. Ähnliche Maßnahmen gelten für Huanggang und Ezhou, zwei weitere Städte der schwer betroffenen Provinz Hubei.
Deutsche Urlauber werden aufgeklärt
Coronaviren verursachen oft harmlose Erkrankungen wie Erkältungen – Analysen des Erbguts hatten dem Berliner Virusforscher Christian Drosten zufolge aber ergeben, dass es sich bei dem Erreger um eine Sars-Variante handelt. Sars steht für «Severe Acute Respiratory Syndrome», also Schweres Akutes Atemwegssyndrom. Ein Sars-Virus hatte von China ausgehend 2002/2003 eine weltweite Pandemie mit 8000 Infizierten zur Folge, etwa 800 Menschen starben.
Am Flughafen Frankfurt werden Reisende aus und Reisende in die Region bei Wuhan über die Symptome aufgeklärt und wie sie damit umgehen sollen, erklärte ein Sprecher des Gesundheitsamtes in Frankfurt. Das geschieht etwa auf großen Informationstafeln am Flughafen oder auf der Internetseite des
Auswärtigen Amtes. «Man muss einfach schauen, wie sich das Geschehen global weiterentwickelt und dann müssen wir natürlich auch die Informationen anpassen», erklärte der Sprecher weiter. Aktuell seien Reise- und Verhaltensempfehlungen ausreichend. Bei begründeten Verdachtsfällen würden betroffene Menschen isoliert sowie beobachtet werden, hieß es vom Amt.
Reiseveranstalter spüren wenig Auswirkungen
Deutsche Reiseveranstalter und Lufthansa sind wegen der Ausbreitung der neuen Lungenkrankheit in China im Austausch mit den Behörden. «Die Veranstalter halten engen Kontakt zum Auswärtigen Amt und beobachten die Entwicklung aufmerksam», sagte eine Sprecherin des Branchenverbandes DRV. Die Lufthansa spürt nach Angaben eines Sprechers bislang keine Zurückhaltung der Kunden bei den Buchungen. Man könne jederzeit fertig geplante Notfallmaßnahmen starten, sagte der Sprecher.
Der deutsche Branchenprimus Tui hat nach eigenen Angaben derzeit nur sehr wenige Gäste in China. «Entsprechend verzeichnen wir aktuell auch keinen erhöhten Informationsbedarf», sagte eine Sprecherin. Gäste vor Ort seien via SMS über die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes informiert worden. Bei DER Touristik gingen nach eigenen Angaben bisher nur wenige Anfragen von Kunden zum Corona-Virus ein. Auch der Veranstalter Berge & Meer verzeichnet bislang weder vermehrte Rückfragen noch Stornierungsanfragen.
Angst vor Ansteckung erlaubt kein Gratis-Storno
China-Reisende können ihren Pauschalurlaub nicht allein aus Angst vor der neuen Lungenkrankheit kostenlos absagen. Ein Rücktritt vom Reisevertrag rein aus Furcht sei derzeit nicht ohne Stornogebühren möglich, erklärt die Reiserechtsexpertin Sabine Fischer-Volk von der Kanzlei Karimi in Berlin.
«Eine Ausnahme bestünde nur dann, wenn für ein konkretes Reiseziel oder Hotel eine Quarantänemaßnahme ausgerufen würde, sodass man dort keinen Urlaub machen kann oder nur mit großen Einschränkungen», sagt die Rechtsanwältin. Das ist derzeit nicht der Fall.
Fischer-Volk rät China-Reisenden, sich regelmäßig über die
Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes (AA) zu informieren. Dieses rät aktuell nicht von China-Reisen ab – eine wichtige Bedingung, um Pauschalurlaub kostenlos stornieren zu können.
In den Reise- und Sicherheitshinweisen heißt es lediglich: «Vermeiden Sie den Kontakt mit kranken Menschen und allen Tieren, meiden Sie Märkte mit Tierprodukten und achten Sie gesteigert auf ihre Handhygiene.» Außerdem sollten Reisende umgehend zu einem Arzt, wenn sie Fieber und Anzeichen einer Atemwegsinfektion entwickeln.
Individualreisende, die nicht fliegen wollen, können sich die Ticketkosten nicht von der Airline erstatten zu lassen.
Gesundheitskontrollen an Flughäfen
Die EU-Präventionsbehörde ECDC sieht vorerst ein moderates Risiko, dass der Erreger in die Europäische Union eingeschleppt wird. Dies teilte das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten im schwedischen Solna mit.
Zum Schutz gegen die Lungenkrankheit schloss Nordkorea nach Angaben von Reiseagenturen vorerst seine Grenzen für ausländische Touristen. Nordkorea lasse seit Mittwoch (22. Januar) keine Touristen mehr einreisen, teilten die in China ansässigen Agenturen Young Pioneer Tours und Koryo Tours auf ihren Webseiten mit. Von Nordkorea gab es zunächst keine offizielle Bestätigung.
Chinas asiatische Nachbarn, die USA und Großbritannien haben wegen der Lungenkrankheit inzwischen Fieberkontrollen bei der Einreise aus Wuhan eingeführt. Auch Italien setzt nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Rom auf Kontrollen am Flughafen in Rom, um mögliche Verdachtsfälle an Bord von Flugzeugen aus Wuhan zu überprüfen. Und Russland verstärkte die Kontrollen an allen Grenzposten zu China.
(dpa)