Wenn es in Filmen darum geht, Großbritannien zu symbolisieren gibt es immer eine Einstellung zum Glockenturm und „Big Ben“, dem wohl berühmtesten Wahrzeichen des Vereinigten Königreichs. Das historische Gebäude bringt so einige Besonderheiten mit sich.
1858 wurde der Uhrturm am nördlichen Ende des Westminster Palastes fertig gebaut, das Design stammt im Rahmen des Palace of Westminster von den Architekten Sir Charles Barry und Augustus Pugin, die die Ausschreibung im Jahre 1836 nach einem Brand des ursprünglichen Parlamentgebäudes gewannen.
Big Ben und der Glockenturm
Bevor die eigentliche Arbeit beginnen konnte, musste Architekt Sir Charles Barry mit seiner Crew viel Vorarbeit leisten. Da das Gebäude direkt an der Themse gelegen war, musste man bestehende Abflüsse entfernen, Gebäude zerstören, um für das ambitionierte Unterfangen Platz zu schaffen und die Grundmauern so legen, dass sie auch Hochwasser stand halten konnten.
Für die Gebäude wurde vorwiegend Stein verwendet, Holz wurde nur zu dekorativen Zwecken genutzt, damit ein Feuer nicht alles zerstören könnte.
Der Turm selbst wurde im Gotischen Stil gebaut, der zu der Zeit ein Revival erlebte. Er maß 96,3 Meter. Die unteren 61 Meter waren ausschließlich aus Backsteinen und Kalkstein gebaut, der Rest wurde aus strukturellen Gründen aus Eisen gebaut.
Die vier Uhren befinden sich 55 Meter über dem Erdboden und haben einen Durchmesser von 7 Metern. Die Minutenzeiger sind 4,3 Meter lang, die Stundenzeiger 2,74 Meter.
312 einzelne Glasstücke zieren die Uhren, ein unübliches Design gegenüber den sonst gefärbten Glasstrukturen, das jedoch das Handhaben und reparieren einzelner Elemente erleichtert.
Den Großteil des Designs hat übrigens Architektur Kollege Augustus Pugin übernommen, der damit vor schwerer Krankheit auch sein letztes großes Machwerk bestritten hatte.
Am Boden jeder Uhr steht in Latein geschrieben:
Domine Salvam Fac Reginam Nostram Victoriam Priman
(Oh Herrgott, schütze unsere Königin, Victoria die Erste)
Will man sich den eigentlichen Big Ben – die große Glocke im Inneren des Uhrenturms – ansehen, so muss man schon ein Mitglied des Parlamentes kennen, denn offen steht das Wahrzeichen Londons leider nicht für Touristen.
Das ist vielleicht auch ganz gut so, denn um ganz nach oben zu kommen, muss man erst einmal die 334 Kalksteintreppen hinauf steigen.
In diesem Turm saßen übrigens auch bis 1880 straffällige Politiker, für die man zumindest den Anstand wahren wollte, sie nicht zusammen mit dem Proletariat verrotten zu lassen.
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Ein wenig neigt er sich, der Glockenturm, das jedoch erst nach einigen Umbauarbeiten unter dem Turm, so verschiebt sich der Turm jedes Jahr in Richtung Nord-West um einige Millimeter, derzeit ist er etwa 220 Millimeter verschoben, ob daraus noch mal ein Pisaturm werden kann? Wer weiß.
Am 2. Juni 2012 wurde übrigens zum Diamanten Jubiläum der Queen Mom beschlossen, den Uhrenturm, auf Englisch „Clock Tower“ in „Elizabeth Tower“ um zu benennen. Niemand war wirklich dagegen, den meisten wird es auch relativ egal sein, da man den Turm sowieso umgangssprachlich nach seinem kostbaren Inhalt, dem Big Ben benennt.
Das Uhrenwerk des Big Ben
Weltberühmt ist die Uhr für ihre Genauigkeit, danken kann man dafür Edward John Dent und seinem Stiefsohn Frederick, der nach Edwards Tod das große Projekt übernahm. Frederick Dent war es auch, der sich ein besonderes System ausdachte, so dass das Pendel und die Uhr am besten mechanisch voneinander getrennt würden und sich so nicht in die Quere kommen konnten.
Das Pendel befindet sich in einer windgeschützten Box und hat eine Länge von 3,9 Metern und wiegt 300 Kilo. Es schlägt alle 2 Sekunden aus. Damit sich leichte Unregelmäßigkeiten schnell ändern lassen, gibt es einen charmanten Trick.
Auf dem Pendel selbst befinden sich kleine Münzhaufen, mit jedem Penny, der hinzugefügt oder weggenommen wird, verändert sich das Gewichtszentrum des Pendels, so dass man es pro Penny um 0,4 Sekunden beschleunigen oder verlangsamen kann.
Das Uhrwerk befindet sich in einem separaten Raum darunter und wiegt 5 Tonnen. Dass es zu den genausten der Welt gehört, bewies das Uhrenwerk auch, als es im Bombenregen im zweiten Weltkrieg 1941 trotzdem die akkurate Zeit angab.
Dafür wurde Silvester 1961 aufgrund von schwerem Regen und Eis das neue Jahr 10 Minuten später eingeläutet, die Uhr lief zwar richtig, aber das Pendel selbst hatte sich ausgehoben (das ist architektonisch so vorgesehen, damit das Uhrwerk bei solchen Gelegenheiten nicht in Mitleidenschaft gerissen werden kann) und so läutete es sprichwörtlich etwas später.
Damit solche Unfälle nicht allzu oft geschehen, gibt es die Keeper of the Great Clock, also die Hüter der großen Uhr, die sich regelmäßig an die Wartung und Reparatur machen.
Die „große Glocke“, besser bekannt als „Big Ben“ ist die größte Glocke des Uhrenturms und wiegt 16 Tonnen. Ihren Namen bekam sie angeblich in Andenken an Sir Benjamin Hall, einem englischer Politiker, der den Umbau des Parlaments überwachte. Eine andere Theorie ist, dass sie nach dem derzeit erfolgreichen Schwergewichtsboxer Benjamin Caunt benannt wurde.
16 Pferde zogen die erste angefertigte Glocke, die gleich beim Testversuch brach und neu angefertigt werden musste. Die nächste Glocke wog 13 1/2 Tonnen und es brauchte 18 Stunden, um sie die 61 Meter zum Glockenturm hochzuziehen.
Nur ein paar Monate hielt sie, dann ging auch diese Glocke in die Knie, was anscheinend daran lag, dass das Glockenpendel viel zu schwer für das delikate Gebilde war. „Big Ben“ wurde repariert, indem man ein Stück Metal über den Riss befestigte, damit das Pendel nicht auf dieses Metal schlug, wurde die Glocke leicht gedreht und hat seitdem einen etwas anderen Klang, wenn man den Berichten glauben schenken will.
Neben dem beeindruckenden Klang von Big Ben gibt es außerdem ein Glockenspiel von vier kleineren Glocken, die jeweils G#, F#, E und B spielen und so die Klänge der Cambridge Chimes spielen, angeblich eine Variation von Händels „Messiah“.
Diese Weise soll die Psalme 37:23-24 verkörpern:
All through this hour/Lord be my guide/And by Thy Power/No foot shall slide
(Durch diese Stunde, Lord sei mein Hirte, und mit deiner Macht, soll kein Fuß fehlgeleitet werden)
In den Medien musste „Big Ben“ schon einiges über sich ergehen lassen, von Aliens zerstört in „Mars Attacks“ und der Dr. Who Folge „Aliens of London“, von Monstern in „Gorgo“ und „Reign of Fire“, von Blitzen in „The Avengers“, von Bomben in „V for Vendetta“ und geflutet wurde er im passend betitelten Film „Flood“.
Aber der Glockenturm, bzw. Elizabeth Tower steht noch und wird es hoffentlich auch weiterhin tun.