Auf der Suche nach der Berliner Mauer

Berlin – Berlin war rund 28 Jahre lang eine geteilte Stadt. Auf 155 Kilometern Länge trennte die Mauer West- von Ost-Berlin und vom Umland. Heute ist davon so gut wie nichts mehr zu sehen.

«Die städtebauliche Wunde ist verheilt», sagt Axel Klausmeier, Direktor der
Stiftung Berliner Mauer. Für Berlin-Besucher ist das oft eine Enttäuschung – aber es gibt noch immer Orte, an denen die frühere Grenze nach wie vor sichtbar ist. Eine Auswahl:

Symbol der Teilung: Bernauer Straße

Einige Orte des Erinnerns gehören zur Stiftung, wie die
Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße, die mit dem Mauerbau am 13. August 1961 zu einem Symbol der Teilung wurde. Denn die Fassaden der Häuser bildeten auf Ost-Berliner Seite die Grenze. Ganze Familien sprangen aus den Fenstern in den Westen, bis die Öffnungen zugemauert wurden. Die Gedenkstätte liegt am ehemaligen Grenzstreifen und ist 1,4 Kilometer lang. 220 Meter der Originalmauer sind hier erhalten. Allein 2018 kamen 1,1 Millionen Interessierte in die Gedenkstätte.

Besuchermagnet: East Side Gallery

Noch weit mehr Besucher zieht die
East Side Gallery an: Jedes Jahr strömen laut der Stiftung drei Millionen Besucher in die Mühlenstraße, um das längste erhaltene Teilstück der Berliner Mauer zwischen dem Ostbahnhof und der Oberbaumbrücke zu sehen. 118 Künstler aus 21 Ländern gestalteten kurz nach dem Mauerfall auf 1,3 Kilometern der früheren Betonelemente die längste Open-Air-Gallery der Welt. Inzwischen steht die Anlage unter Denkmalschutz.

Mittendrin: Günter-Litfin-Gedenkstätte

In insgesamt 280 Wachtürmen entlang der Berliner Mauer bewachten einst Soldaten die Grenze. «Heute sind noch 4 davon übrig», erzählt Sören Marotz, Ausstellungsleiter des
DDR-Museums. Einer davon steht in der Kieler Straße und ist inzwischen ein Gedenkort, der an eines der ersten Todesopfer an der innerdeutschen Grenze erinnert: Am 24. August 1961 versuchte
Günter Litfin hier unweit des Turms die Flucht nach West-Berlin und wurde erschossen.

Wie ein Rummel: Checkpoint Charlie

Einen Hauch von Hollywood gibt es am Checkpoint Charlie in der Friedrichstraße. An dem einstigen Grenzkontrollpunkt für Diplomaten und Ausländer standen sich nach dem Mauerbau US-amerikanische und sowjetische Panzer gegenüber. Heute steht hier ein nachgebautes Wachhaus der US-Streitkräfte, vor dem lange Zeit Soldaten-Darsteller posierten – bis ihnen das Anfang November verboten wurde. Am Checkpoint Charlie drängeln sich meist unzählige Touristen für ein Erinnerungsfoto. Hier ist auch das private Mauermuseum zu finden.

Leiser Ort: Parlament der Bäume

Weniger aufgedreht erinnert das
Parlament der Bäume an die deutsche Teilung. Wo heute das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus des Bundestages steht, hat der Aktionskünstler Ben Wagin nach dem Mauerfall ein Stück des Grenzstreifens bepflanzt sowie Bilder und Texte installiert. 58 authentische Mauerteile wurden künstlerisch bearbeitet. Die Granitplatten nennen 258 Namen von Maueropfern.

Baudenkmal: Berliner Mauer am NS-Dokumentationszentrum

Nicht weit entfernt vom Checkpoint Charlie steht das
Dokumentationszentrum Topographie des Terrors. Hier waren während der NS-Herrschaft die Zentralen der Geheimen Staatspolizei, der SS und des Reichssicherheitshauptamts. Und während der deutschen Teilung verlief an der Niederkirchnerstraße die Grenze zwischen den Berliner Bezirken Mitte im Osten und Kreuzberg im Westen. Rund 200 Meter der Mauer sind hier noch erhalten geblieben.

Versteckte Reste der Mauer

In manchen Ecken Berlins gibt es noch für den Denkmalschutz bisher unerschlossene Reste der Mauer, zum Beispiel in Pankow. In der Dolomitenstraße stehen dort noch etwa 60 Meter Hinterlandmauer, versteckt an der Rückseite einer Reihe von Garagen auf dem Hof eines Mehrfamilienhauses. Graffiti-Künstler haben diesen Abschnitt für sich entdeckt und die Mauer entlang von Bahnschienen bunt bemalt.

Suche abseits der Touristenströme

Ein weiterer versteckter Ort, der es aus Sicht von Axel Klausmeier in sich hat, befindet sich im Südwesten der Stadt: Am Groß Glienicker See verläuft heute die Grenze zwischen Berlin und Brandenburg, früher war das die zwischen West und Ost. Die Gegend ist landschaftlich sehr reizvoll – umso irritierender ist deshalb das Stück Mauer, das sich am nördlichen Rand des Sees befindet. «Die Mauer steht plötzlich da», erklärt Klausmeier. «Fast wie ein senkrechtes Erinnerungsmal.»


(dpa/tmn)

(dpa)