Berlin (dpa/tmn) – Hochwasser, Streiks der Schleusenwärter, niedrige Pegel des Rheins und der Donau, Unruhen in der Ukraine – und schließlich die Insolvenz von Nicko Tours im vergangenen Jahr: All diese Probleme schreckten Urlauber eher von einer Flussreise ab. Das könnte diese Saison anders werden.
Dass Nicko Cruises – unter neuem Namen – zurück im Markt ist, kann als ein positives Zeichen gewertet werden. «Wir sind sehr zufrieden», bilanziert Geschäftsführer Guido Laukamp die bisherige Saison. Nicko Cruises fährt jetzt nur noch mit 19 Schiffen, 33 waren es vor der Insolvenz. Ältere und günstige Schiffe habe man abgegeben, berichtet Laukamp.
Der Fokus liegt nun auf dem Premiumbereich, vier Sterne aufwärts. Diese Maßnahme deutet darauf hin, dass Nicko sich nicht noch einmal auf einen ruinösen Preiskampf einlassen will, der die Pleite des Unternehmens nach Ansicht mancher Beobachter begünstigt hat. Hauptsache billig? Allein dieses Argument soll die Gäste nicht mehr zu einer Flusskreuzfahrt bewegen.
Allzu euphorisch sind die Anbieter für diese Saison allerdings auch nicht. «2016 ist kein bombastisches Flussjahr», sagt Laukamp. Die allgemeine Verunsicherung bei der Urlaubsbuchung bekommt das Segment zu spüren. Für Best Ager ist die Flussreise eher der Zweit- oder Dritturlaub. Der wird erst nach dem Haupturlaub gebucht. Wer dort zögert, wartet auch länger mit der Flusskreuzfahrt.
«Wir haben ein Spätbucherjahr», sagt auch Hans Jörg Eichler, Geschäftsführer von A-Rosa. Die Zahl die Flusskreuzfahrer wuchs 2015 in Deutschland laut Branchenverband IG River Cruise nur um 0,5 Prozent. Doch Eichler ist sicher: «Die Flussbranche ist im Aufwind.» Benjamin Krumpen von Phoenix Reisen sagt vorsichtig: «Die Richtung stimmt wieder.» Krumpen ist auch stellvertretender Vorsitzender des Schiffsausschusses beim Deutschen Reiseverband (DRV).
Wer in diesem Jahr eine Flussreise unternimmt, wählt mehr denn je nahe und vertraute Ziele. Bei Nicko Cruises hat der Rhein mit seinen Nebenflüssen die Donau überholt, auch Frankreich läuft gut. Bei A-Rosa sei der Rhein das mit Abstand erfolgreichste Fahrgebiet. Favorisiert werden Abfahrtsorte nahe dem Wohnort.
Die Zahlen für die Rhône liegen im Plus – trotz einer allgemeinen Zurückhaltung für Frankreich-Urlaub. «Das haben wir erst nicht geglaubt», sagt Eichler. Auch bei Phoenix sind vor allem Rhein und Donau gefragt. Dafür berichten die drei Branchenvertreter: Ukraine und Ägypten fallen aus oder werden in geringem Umfang bedient. Das gefühlte Risiko in den genannten Ländern scheint Urlaubern einfach zu hoch zu sein.
Immer wieder wird diskutiert, ob die Flusskreuzfahrt nicht ein Urlaub nur für ältere Menschen sei. Die Meinungen der Veranstalter gehen hier deutlich auseinander. Nicko Cruises hat klar die Zielgruppe zwischen 65 und 85 im Blick. «Wir müssen aus dieser Gruppe nicht raus», findet Laukamp. Auch Krumpen von Phoenix sagt: «Ich mache mir keine Gedanken, dass diese Klientel irgendwann nicht mehr da ist.»
Anders sieht das A-Rosa. Der Anbieter hat zum Beispiel einen Kids Club eingeführt. «Vor drei Jahren hat man uns dafür für wahnsinnig gehalten», erzählt Eichler. Heute hat A-Rosa in jedem Fahrgebiet ein Familienschiff, 2015 wurden rund 1000 Kinder transportiert. «Nur auf älteres Publikum zu setzen, ist ein großer Irrtum», findet Eichler. Die Best Ager wollten nicht bloß unter sich sein. Stichwort: Mehr-Generationen-Urlaub.
Worüber weitgehend Einigkeit herrscht, ist der Trend, dass die Reise auf dem Fluss immer individueller wird. A-Rosa geht mit den Gästen in Budapest auf den Markt, um später gemeinsam zu kochen, oder bietet ein Dinner im Wiener Prater für Verliebte. «Bus- und Stadtrundfahrten sind weniger gefragt», sagt Eichler. Dafür locke man etwa in Städten mit Übernachtungen. DRV-Vertreter und Phoenix-Mann Krumpen bestätigt: «Die Vielfalt wird immer größer, Themenkreuzfahrten liegen im Trend.» Und viele Landausflüge unternehmen die Gäste heute in Eigenregie. «Die Passagiere haben sich weiterentwickelt.»