Berlin – Die Bundesregierung hat die Türkei zusammen mit 130 weiteren Ländern als Corona-Risikogebiet eingestuft. Auf der
Liste, die bereits am Montag (15. Juni) zum ersten Mal vom Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlicht wurde und nun regelmäßig aktualisiert wird, stehen auch andere beliebte Urlaubsländer der Deutschen wie Ägypten, Thailand und Marokko.
Einreisende aus einem Risikogebiet müssen damit rechnen, dass sie 14 Tage in Quarantäne müssen. Für diese Länder ist unter anderem deswegen eine Aufhebung der immer noch für mehr als 160 Länder außerhalb der Europäischen Union geltende Reisewarnung nach jetzigem Stand unwahrscheinlich. Es gebe aber «keine Automatismen», betonte ein Sprecher des Auswärtigen Amts.
Vor allem die Türkei, das drittbeliebteste Urlaubsland der Deutschen nach Spanien und Italien, dringt auf eine Aufhebung dieser Reisewarnung und wirbt um deutsche Touristen. Der türkische Außenminister Mevlüt Çavusoglu hatte sich vor wenigen Tagen enttäuscht über die Beibehaltung der Reisewarnung gezeigt. «Die wissenschaftlichen Gründe hinter der Entscheidung sind für uns nur schwer zu verstehen», sagte er dem «Spiegel». Alles sei vorbereitet für eine sichere Reise in die Türkei.
Neuinfektionen in der Türkei stark gestiegen
Am Dienstagabend meldete der türkische Gesundheitsminister Fahrettin Koca allerdings rund 1500 Neuinfektionen in 24 Stunden – fast doppelt so viele wie Anfang Juni (rund 800). Zum Vergleich: In Deutschland, wo wie in der Türkei rund 83 Millionen Menschen leben, wurden am Mittwochmorgen 345 Neuinfektionen in 24 Stunden gemeldet.
Die offiziellen Fallzahlen der Türkei werden in der Bundesregierung ohnehin mit Skepsis betrachtet. Zur Beurteilung von Risikogebieten kommt es nicht nur auf die reine Datenlage an – es geht auch um Transparenz. Die Türkei erklärt zwar, dass die Infektionszahlen in Tourismusgebieten gering und Intensivbetten ausreichend sind, eine regionale Aufschlüsselung der Fallzahlen gibt sie allerdings nicht bekannt. Das dürfte in Berlin nicht für Vertrauen sorgen.
Die Türkei versucht aber, mit einem Zertifikationsprogramm zu punkten, das auch vom TÜV Süd geprüft wird. Hotels und Gastronomen können daran freiwillig teilnehmen. Dazu muss ein ganzer Katalog von Auflagen erfüllt werden. Am Stränden etwa muss ein Sicherheitsabstand eingehalten und Gebrauchsgegenstände in Räumen desinfiziert werden. In Hotels und Flughäfen werden Wärmebildkameras eingesetzt. Reisende müssen sich nach Angaben des Innenministeriums bei der Einreise zudem einem Gesundheitscheck unterziehen. Bei Symptomen und Bedarf kann demnach ein kostenloser Coronatest gemacht werden.
Mehr als 30 Nicht-EU-Staaten keine Risikogebiete
Die Bundesregierung hatte die wegen der Corona-Pandemie verhängte weltweite Reisewarnung für Touristen am Montag für 27 europäische Länder aufgehoben. Für mehr als 160 Staaten außerhalb der EU besteht sie zunächst bis zum 31. August weiter, kann aber für einzelne Länder auch vorher aufgehoben werden.
Für ein Risikogebiet ist das aber unwahrscheinlich, weil die Kriterien denen ähneln, die bei der Reisewarnung angewendet werden. Ausschlaggebend für eine Einstufung als Risikogebiet ist wie bei der Reisewarnung die Zahl der Neuinfektionen. Sind es mehr als insgesamt 50 auf 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche, gilt ein Land als Risikogebiet. Aber auch wenn die Infektionszahl niedriger liegt, kann ein Land zum Risikogebiet erklärt werden – zum Beispiel bei mangelnden Testkapazitäten oder unzureichenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. «Ebenso wird berücksichtigt, wenn keine verlässlichen Informationen für bestimmte Staaten vorliegen», heißt es auf der Internetseite des RKI.
Die Länder außerhalb der EU, die nicht als Risikogebiet eingestuft wurden, können sich dagegen nun Hoffnung auf eine Aufhebung der Reisewarnung machen. Dabei handelt es sich um mehr als 30 Staaten, darunter Tunesien als ein nicht weit von Europa gelegenes Ferienziel, das auf Urlauber aus Deutschland hofft.
29 US-Bundesstaaten auf der Liste
In einige andere Länder, die nicht als Risikogebiet eingestuft wurden, macht das für Reisende keinen Unterschied. In Australien und Neuseeland gilt beispielsweise noch eine Einreisesperre für Reisende aus der EU, genauso wie in den USA.
Die Vereinigten Staaten sind das einzige Land, für das die Bundesregierung eine nach Regionen differenzierte Einschätzung abgibt. 29 der 50 Bundesstaaten werden als Risikogebiete eingestuft. Dazu zählen Kalifornien, Florida und die Hauptstadt Washington. Das zwischenzeitlich sehr stark von der Pandemie getroffene New York steht angesichts der deutlichen Verbesserung der Lage dagegen nicht auf der Liste.
(dpa)