Erstes Kapselhotel soll Ableger bekommen

Karlsruhe – Mitten in Karlsruhe, zwischen türkischen Imbissstuben und einem Restpostenhändler, liegt für Taimuraz Chanansvi die Zukunft der Hotelbranche: das Kapselhotel Area24/7.

Lange Flure mit Hotelzimmern findet der müde Gast darin nicht, sondern doppelstöckige Reihen aus weißen Schlafkabinen, die an eine Mischung aus Waschsalon und Science-Fiction-Film erinnern. Wie Stockbetten sind die mit Kunststoff verkleideten Schlafkabinen angeordnet.

Klein, günstig und vor allem bislang einzigartig in Deutschland ist
das Karlsruher Angebot, sagt Chanansvi. Er ist der Mann, der die Kapselhotels in Deutschland etablieren möchte. Sie sollen seine Antwort sein auf Platzmangel und teuren Wohnraum in Großstädten.

Das Angebot orientiert sich an der ursprünglich japanischen Idee kleiner Schlafräume mit Schließfach-Charme und richtet sich an Reisende mit geringerem Budget – und ohne Platzangst. Wird es Zeit für die Nachtruhe, schließt sich per Knopfdruck die Schiebetür in einer der 56 Karlsruher Kabinen, die sich auf zwei benachbarte unauffällige Gebäude verteilen. Duschgeräusche und Gesprächsfetzen aus den Aufenthaltsräumen, die man gemeinsam mit anderen Besuchern nutzen kann, bleiben draußen.

«Klein, aber mein»

Das könnte der Hotelgast denken, zumindest für die Nacht in dem rund ein Meter hohen Räumchen mit der Größe einer Doppelbettmatratze. Ein Feuerlöscher gehört ebenso zur Ausstattung wie ein Notfallknopf und ein Lüftungsschacht, ein Temperaturregler und ein Flachbildschirm, gratis Internet, ein Kopfhörer und zwei USB-Anschlüsse.

Eine Ausstattung, die sich vor allem an die Zielgruppe «jung, flexibel und verdrahtet» richtet. «Wir haben sehr oft Studenten bei uns. Vor allem während der Messe Learntec war das ein gefragtes Angebot», sagt Elena Rozhkovavon von Area24/7. Die meisten Besucher kämen für Kurzaufenthalte. Und ab und zu seien auch Japaner dabei.

Nach Angaben des Betreibers Space Development Group hat sich das Angebot seit Mai vergangenen Jahres so sehr etabliert, dass es nicht nur in der Fächerstadt ausgebaut wurde. Bald soll es auch in anderen Städten Ableger geben, darunter in Heidenheim, aber auch in München, Dresden und Frankfurt. «In Baden-Württemberg wird das nächste Kapselhotel nach Stuttgart kommen, allerdings wohl erst in ein oder zwei Jahren», sagt Chanansvi.

Der Israeli aus Heidenheim, Geschäftsführer des Unternehmens, will mehr als nur die Zimmerstatistik erweitern: «Wir wollen alten Gebäuden neues Leben verleihen», sagt er. Wo heute die Karlsruher Kabinen als schalldichte Matratzenkisten stehen, war früher ein Kino.

Die Branche ist weniger optimistisch: «In der Nische wird es sicher eine Chance geben», sagt Daniel Ohl vom Dehoga-Verband Baden-Württemberg. «Aber den großen Trend sehen wir nicht.» Derzeit würden sehr viele Hotelzimmer gebaut. Während die Kapazitäten wüchsen und die Auslastung stabil sei, gingen die Preise zurück, sagt auch der Dehoga-Landesvorsitzende Fritz Engelhardt. Denn nach den Zahlen seines Verbandes werde zwar häufiger übernachtet, dennoch setzten die Häuser weniger um. Laut Verband spüren die Hotels, die viel mit Firmenkunden Geschäfte machten, die gebremste Konjunktur und die vielen Sparprogramme der Wirtschaft.

Da kann es schwierig werden, sich als neuer Anbieter zu platzieren. Neben dem Kapselhotel suchen aber trotzdem auch andere außergewöhnliche Hotels ihre Chance in der Nische: Ganz für sich sind Gäste zum Beispiel in der Tower Suite in einem ehemaligen Wasserturm, ebenfalls in Karlsruhe. Hier haben nur zwei Gäste Platz. Der Turm wurde 1877 erbaut und ist sowohl außen als auch innen denkmalgeschützt. Er beherbergt genau ein Schlafzimmer und ein Bad.

Oder lieber eine ruhige Nacht im Knast verbringen?

Das können sich wohl die wenigsten vorstellen. Doch gemütlich scheint es im «Hotel Liberty» («Hotel Freiheit») in einem ehemaligen Gefängnis in Offenburg zu sein. 1840 errichtet, kann man dort im Restaurant mit dem treffenden Namen «Wasser und Brot» speisen.

Natur pur gibt es im Bubble Tent – übersetzt «Blasenzelt» – in Bad Dürrheim zu erleben. Der Wohnraum ist in eine oben durchsichtige Kugel gepackt. Bei Nacht ist der Ausblick in den Sternenhimmel ungestört. Das Kugelzelt steht allerdings in freier Natur. Immerhin, Sanitäreinrichtungen und ein Aufenthaltsraum liegen gleich daneben. Ob das komfortabler ist als die Nacht in der Karlsruher Kabine?


(dpa)

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