Steinhagen – Die Kreuzfahrt gilt als sorgenlose Reiseform. Für gesunde Menschen mag das durchaus so sein. Menschen mit Behinderungen müssen den Urlaub auf See aber rechtzeitig und minutiös vorbereiten – und sie sollten die möglichen Hindernisse kennen.
Menschen mit eingeschränkter Mobilität finden auf den Webseiten der Reedereien zwar allgemeine Informationen und Links zu standardisierten Fragebögen. Trotzdem sind viele Details zu klären.
Begleitpersonen und Blindenhunde
Oft fordern die Reedereien zum Beispiel eine betreuende Begleitperson in der Kabine. Wer Probleme mit dem Sehen und Hören hat, muss sich bei der Servicehotline erkundigen, ob er sich auf dem Schiff ungehindert bewegen und verständigen kann. Nicht alle Reedereien lassen zum Beispiel Blindenhunde an Bord.
Wenn Urlauber mit Mobilitätseinschränkungen frühzeitig buchen, können sie eine der wenigen geräumigeren barrierefreien Kabinen in der Nähe der Aufzüge beziehen. Breite Türen, spezielle Handläufe und rollstuhlgerechte Waschbecken sowie ein Notfalltelefon erleichtern ihnen dann den Aufenthalt. Wie hoch aber das Bett und der WC-Sitz sind, müssen sie in einigen Fällen dann doch vorab erfragen.
Barrierefrei auf dem Fluss unterwegs
Eine Ausnahme ist das Flussschiff
«Viola» von Phoenix Reisen, das erste rollstuhlgerechte Schiff auf dem deutschen Markt. 34 der 50 Kabinen sind für Menschen mit eingeschränkter Mobilität ausgestattet. Bei Bedarf fährt der Malteser Pflegedienst mit. «Das ist in erster Linie ein Angebot für Gäste, die sonst nicht aufs Schiff könnten», erklärt eine Sprecherin von Phoenix Reisen.
In der Hochseekreuzfahrt stehen immerhin Rollstühle für die Ein- und Ausschiffung sowie für Notfälle bereit. Damit können Passagiere, die Rollatoren oder Stöcke benutzen, längere Strecken bewältigen. Auf dem Schiff sind leicht erreichbare Plätze in den Hauptrestaurants und im Theater Behinderten vorbehalten. Und es gibt Behindertentoiletten. Doch die eigentlichen Hürden lauern woanders.
Der Weg zum Schiff ist ein großes Hindernis
Hochseekreuzfahrten beginnen oft mit der Anreise über einen Flughafen. Laut EU-Recht müssen Personen mit Behinderung unterstützt werden. Doch das muss vorab aufwändig geklärt werden. Die meisten Reedereien organisieren einen Sondertransfer. Ansonsten hilft das Personal beim Ein- und Ausstieg aus dem Bus.
Beim Check-in am Schiff müssen sich Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder einer anderen Behinderung nicht in die Schlange stellen. Geschultes Personal hilft die Gangway hinauf.
Im Innern jedoch erschweren hochflorige Teppiche in Kabine und Gängen die Fortbewegung mit Rollstuhl oder Rollator. Treppen, Stufen und Schwellen schränken die Bewegungsfreiheit ein.
Landgänge sind häufig nicht möglich
Vor allem aber sind etliche Landausflüge nicht behindertengerecht. In Tenderhäfen dürfen Rollstuhlfahrer und Blinde das Schiff in der Regel wegen Sicherheitsbedenken nicht verlassen. Die meisten Reedereien wollen aus Haftungsgründen kein Risiko eingehen.
Deshalb muss auch die Route wohlüberlegt werden. Legt das Schiff im Hafen direkt an? Gibt es Niederflurbusse für Ausflüge? «In Europa kann man am ehesten am Kai anlegen und mit einer guten Infrastruktur rechnen», sagt Hans Langen, Generalmanager auf der «Mein Schiff Herz». «Abgesehen vielleicht von der einen oder anderen kleinen griechischen Insel.» Auf anderen Kontinenten wird es schwierig.
«In der Karibik werden oft Reede- und Tenderhäfen angelaufen, und in Asien ist die Infrastruktur häufig nicht barrierefrei», bestätigt eine Aida-Sprecherin. Immerhin können Gehbehinderte mit einem faltbaren Rollstuhl bei Aida tendern, wenn sie sich sicher fühlen.
Fehlende Signale für Blinde und Gehörlose
«Sehbehinderte brauchen kontrastreiche Farben, um sich zu orientieren», sagt Rüdiger Leidner. Das werde nicht überall beachtet. Wer nicht oder sehr schlecht sieht, bucht am besten eine Kabine in Aufzugsnähe, denn Kabinenbeschilderungen für Blinde gibt es in den langen Gängen nicht. Die wichtigsten Einrichtungen und die Aufzüge sind in Profil- oder Brailleschrift gekennzeichnet.
Schwerhörige müssen in Erfahrung bringen, ob an der Rezeption eine induktive Höranlage vorhanden ist. Die Anzahl von Kabinensets zur visuellen und taktilen Wahrnehmung akustischer Signale ist begrenzt, sofern es sie überhaupt auf dem gewählten Schiff gibt. Da heißt es wie bei der barrierefreien Kabine: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
(dpa/tmn)