Aguas Calientes – Wenn es in Machu Picchu so etwas wie den Zauber der Inkas gibt, dann nicht um 8.00 Uhr morgens. Im Minutentakt tuckern die Busse den Berg hinauf zu Perus wichtigster Sehenswürdigkeit und spucken laute Touristen aus.
Ein schmaler Gang, begrenzt von dichtem Grün, führt nach oben. Es ist nicht weit, doch hier in den Anden auf rund 2400 Metern sind solche Aufstiege anstrengend. Ältere Männer mit Krücken werden hochgeführt, Eltern mit Kleinkindern weitergedrängelt. Jemand beschwert sich über den fehlenden Aufzug, mitten in den peruanischen Bergen.
Spektakel auf 2.400 Metern
Irgendwann öffnet sich der Pfad hin zu den ersten breiteren Terrassen, die auf dem Hang gegenüber der Inka-Zitadelle Machu Picchu liegen. Es ist das typische Fotomotiv, jeder kennt es, und jetzt will es jeder haben. Hier knutschen Pärchen vor der Linse, einer macht einen Handstand. Omas, Opas und Freunde werden per Video-Telefonie zugeschaltet. Es gibt einen Heiratsantrag.
Für die Inkastadt Machu Picchu gibt es verwirrende, geradezu abstrus klingende Pläne. Die imposante Ruine aus dem 15. Jahrhundert steht bei vielen Reisenden auf der Einmal-im-Leben-Liste. «Peru ohne geht nicht», hört man immer wieder in Gesprächen.
Infrastruktur für mehr Urlauber aus aller Welt Da die ganze Region viel Geld mit den Touristen verdient, hat sie eine für Peru gute Infrastruktur geschaffen, um die Massen nach Machu Picchu zu karren. Und man will noch besser werden. Es wird der
Bau eines internationalen Flughafens in der Nähe vorbereitet, zusätzlich zum Airport von Cusco.
Außerdem wurde kürzlich die Zuganbindung verbessert: Reisende kommen inzwischen direkt von Cusco zur Ortschaft Aguas Calientes, dem Ausgangspunkt für einen Besuch von Machu Picchu.
Schäden, Warnungen von Unesco und doch ein bisschen Zauber
Experten der Unesco warnen seit Jahren vor den Schäden durch die steigenden Touristenzahlen. Die Behörden reagieren inzwischen. So ist seit Juni 2019 der Zugang zu drei wichtigen Sehenswürdigkeiten innerhalb der Stadt begrenzt: Der Sonnentempel, der Tempel des Kondors und der Intihuatana-Stein sind nur stundenweise zugänglich.
Machu Picchu selbst ist beeindruckend – keine Frage. Die auf künstlich angelegten Terrassen gebaute Zitadelle liegt auf einem Bergrücken und besteht aus mehr als 200 Bauten – eingebunden in ein spektakuläres Bergpanorama.
Inka-Kitsch, schlechtes Essen und immer wieder anstehen
Doch zu einem Besuch vom Machu Picchu gehört unweigerlich auch ein sehr gegensätzlicher Aufenthalt: In Aguas Calientes landet jeder Besucher. Die Waggons halten direkt vor den Hotelfenstern und den Tischen der Restaurants. Standard auf der Karte sind Pizza, Burger, chinesische Nudeln, Mailänder Schnitzel und das Angebot «vier Pisco für einen». Dazwischen spielt eine Band immer wieder «Despasito» – auf Flöten. Den Hauptplatz zieren lange Girlanden, ganz viel Leuchtreklame und kitschige Inka-Figuren.
In der Dorfmitte befindet sich die Bushaltestelle. Gerade am Morgen staut sich hier eine lange Schlange Touristen auf. Jeder besitzt eine Eintrittskarte mit fester Einlasszeit – und viertelstündlich fährt einer der 26 Busse die Serpentinen nach oben. Je nachdem, wann man dort ankommt, geht es erstmal weiter in die nächste Schlange am Einlasstor.
Eine Stunde Machu Picchu, Alternativen und ein schlechtes Gewissen
An diesem Tag in der Nebensaison ist wenig los, versichert der Reiseführer. Nach den ersten Fotospots verläuft sich die Menge auf dem weiten Gelände. Trotzdem ist das Programm der meisten Guides streng: Sie schleusen gerade am Morgen ihre Gruppen in nur einer Stunde hindurch, weil sie danach Einlasskarten für die beiden angrenzenden Berge, den Machu Picchu oder Huayna Picchu, haben.
Zwar gibt es auch noch das Machu Picchu für Reisende, die individuellere Erlebnisse suchen. Sie wandern über den Inka-Trail und erreichen die verlassene Stadt bei Sonnenaufgang zu Fuß. Aber die tagelange Wanderung ist beschwerlich.
Alternativ kann man sich eine
Eintrittskarte für den allerersten Slot sichern – und zu Fuß die Stätte von Aguas Calientes aus erklimmen. Der Weg dauert rund eine Stunde und führt über steile Treppen. Die Belohnung: Man erreicht die Kultstätte in der Dämmerung und vor den Bussen. So oder so bleibt es aber ein überhasteter Besuch. Und der Eindruck, dass man Teil eines Problems ist.
Machu Picchu
Anreise und Formalitäten: Die Einreise nach Peru ist für deutsche Staatsbürger mit einem noch mindestens sechs Monate gültigen Reisepass möglich. Über Cusco/Poroy oder Ollantaytambo mit dem Zug nach Aguas Calientes. Zur Ausgrabungsstätte selbst fahren Busse. Alternativ wandert man den Inka-Trail in zwei oder vier Tagen. Der Zugang ist limitiert und oft Monate im Voraus ausgebucht.
Eintritt und Kosten: Eintrittskarten mit festen Uhrzeiten müssen vorab gekauft werden. Der Aufstieg auf die beiden umliegenden Berge mit Panoramablick auf die verlassene Stadt kostet extra und ist begrenzt auf jeweils 200 Personen pro Tag. Kosten: rund 35 Euro für die Stadt (halber Tag), rund 40 Euro mit Bergaufstieg.
Informationen: Promperú (www.peru.travel).
(dpa/tmn)