Tipps für Wattwanderer

Bremen/Cuxhaven – Der eine, der wichtigste Tipp für Wattwanderer liegt eigentlich auf der Hand: Er muss wissen, wann die Flut kommt. Das aber scheint nicht für jeden selbstverständlich. Jeden Sommer müssen Einsatzkräfte Wanderer, aber auch Schwimmer, Surfer oder Segler aus Notlagen retten.

Vor Schillig im Wangerland hievte kürzlich ein Hubschrauber einen Vater mit zwei Töchtern in Sicherheit. Sie hatten auf ihrer Wattwanderung zur kleinen Insel Minsener Oog die kommende Flut unterschätzt. Ein anderer Fall aus diesem Sommer: Urlauber aus Rheinland-Pfalz, eine Frau und ihre 12-jährige Tochter, standen in Hooksiel plötzlich bis zur Hüfte im Watt und mussten gerettet werden.

Eine «klassische Situation», sagt Tim Schriemer, Rettungsschwimmer und Einsatzleiter der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) im Kreis Friesland. «Die Menschen sind zu weit draußen im Watt und werden vom auflaufenden Wasser überrascht.» Dabei seien viele Notfälle bei Umsicht und richtiger Vorbereitung vermeidbar.

Deshalb gilt als Regel:

Der erste Blick vor einer Wattwanderung müsse dem Gezeitenkalender gelten. Wann zieht sich das Wasser zurück, ab wann steigt es wieder? Auch den Wetterbericht sollte man kennen und nur bei Tageslicht gehen.

Dabei ist gegen einen Spaziergang auf dem Meeresboden dicht vor dem Strand nichts einzuwenden. «Aber wir raten grundsätzlich dazu, nur so weit ins Watt zu gehen, dass man in zehn Minuten bei normalen Tempo wieder ans Ufer kommen kann», sagt Rettungsschwimmer Schriemer.

Für längere Strecken oder für Wanderungen zu vorgelagerten Inseln sollte man sich einem Wattführer anvertrauen. «Die Gefahren sind zu schwer einzuschätzen», sagt Christoph Plaisier von der DLRG in Cuxhaven. Natürliche Wasserläufe im Watt, sogenannte Priele, können zu reißenden Flüssen werden, Schlickfelder den Weg versperren. «Seenebel ist eine Gefahr», sagt Plaisier.

Eine andere Gefahr sollte man auch nicht unterschätzen:

«Gewitter ist im Watt lebensgefährlich, weil der Mensch der höchste Punkt ist», erklärt Wattführer Ohle thor Straten vom Fachverband Wattenlöpers in Schleswig-Holstein. Seiner Erfahrung nach passieren die meisten Notfälle, wenn mehrere Probleme zusammenkommen.

Ähnlich sieht es die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) in Bremen. «Ein kleines Problem kann sich auf See rasch auswachsen», sagt Sprecher Christian Stipeldey. Das könne auch erfahrene oder gut vorbereitete Sportler im Watt treffen.

Richtige Ausstattung ist wichtig:

Sonnenschutz, warme Kleidung, ausreichend Essen und Trinken. Um im Notfall Hilfe rufen zu können, haben die meisten Menschen heutzutage ihr Smartphone dabei – mit den üblichen Notrufnummern. Aber nicht überall im weitläufigen Wattenmeer gebe es Empfang, gibt Schriemer zu bedenken. Er rät dazu, auch eine Trillerpfeife parat zu haben oder notfalls das T-Shirt zu schwenken.

Ein weiterer Tipp: vor der Wanderung genau Bescheid sagen, welche Route man gehen will. Dann kann der Kontakt an Land Alarm auslösen, wenn die Wanderer überfällig sind. «Das ist der letzte Rettungsstrohhalm», sagt Plaisier.

Die Freude am Wattwandern will keiner der Experten den Gästen vermiesen. Eine «Lebenswelt auf den zweiten Blick», nennt Wattführer Thor-Straten die scheinbar leere Weite. «Vieles findet unter der Oberfläche statt.» Das Wattenmeer sei ein Ort, «den wir mit allen Sinnen genießen können», schwärmt er.

Weitere Verhaltensregeln und Hinweise zum Wandern im Watt geben die
Deutsche Lebensrettungsgesellschaft und die
Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger online.


(dpa/tmn)

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