Frankfurt – Passagiere des Billigfliegers Ryanair müssen sich am Freitag nun auch in Deutschland wegen eines Streiks auf Flugausfälle und -verspätungen gefasst machen. Mitten in der Urlaubs-Hochsaison weiten die Piloten der Airline ihren Ausstand auf die Bundesrepublik aus.
Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) rief alle angestellten Piloten an den deutschen Ryanair-Basen für den 10. August zu einem 24-stündigen Streik auf. Auf welche Ausfälle sich die Kunden dabei konkret einrichten müssen, blieb zunächst noch unklar. Laut VC können alle Verbindungen von und nach Deutschland betroffen sein. Der Arbeitskampf beginne am Freitag um 3.01 Uhr und ende am Samstag um 2.59 Uhr. Das Unternehmen wollte sich im Laufe des Mittwochs äußern.
Die deutsche Gewerkschaft schließt sich den bereits für diesen Freitag angekündigten Streiks ihrer Kollegen in Irland, Schweden und Belgien an. Dies wäre dann zusammen der größte Pilotenstreik in der Geschichte von Ryanair. Die Gesellschaft hat bislang 146 von 2400 am Freitag geplanten Europa-Flügen abgesagt.
Bei den Piloten haben bisher einzig die Iren an vier einzelnen Tagen die Arbeit niedergelegt. Ein Warnstreik der VC in Deutschland war im vergangenen Dezember ohne Flugausfälle geblieben, weil Ryanair ausreichend Ersatzpiloten mobilisieren konnte.
VC-Chef Martin Locher warf der Fluggesellschaft vor, eine Lösung am Verhandlungstisch zu blockieren und für die Eskalation allein die Verantwortung zu tragen. «Ryanair hat in den Verhandlungen jedwede Personalkosten-Erhöhung kategorisch ausgeschlossen. Gleichzeitig hat Ryanair zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, an welchen Stellen Spielräume zur Lösungsfindung bestehen», erklärte der Gewerkschafter.
Vor zwei Wochen hatten streikende Flugbegleiter in Spanien, Portugal und Belgien Ryanair gezwungen, innerhalb von zwei Tagen rund 600 Flüge mit zusammen etwa 100.000 betroffenen Passagieren abzusagen.
Beide Berufsgruppen wollen bessere Gehälter und Arbeitsbedingungen bei der irischen Airline durchsetzen, die sich jahrzehntelang gegen Gewerkschaften und tarifliche Vereinbarungen gewehrt hatte. Dazu müssen jeweils nationale Tarifverträge abgeschlossen werden, die Gewerkschaften koordinieren sich aber europaweit untereinander.
Reisende haben keinen Anspruch auf Entschädigung
Streiken Piloten, haben Reisende keinen Anspruch auf Entschädigung bei Ausfällen oder Verspätungen ihrer Flüge von mehr als drei Stunden. Denn laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich hierbei um einen Fall von höherer Gewalt. Das gilt aber unter der Bedingung, dass die Fluggesellschaft alles in ihrer Macht Stehende unternimmt, um die Folgen des Streiks zu minimieren.
Außerdem muss die Airline den Passagieren eine alternative Beförderung ermöglichen, zum Beispiel durch die Umbuchung auf einen anderen Flug oder auf andere Transportwege, wenn das Ziel per Bus oder Bahn erreichbar ist. Das regelt die Fluggastrechte-Verordnung der EU. Fällt ein Flug definitiv aus oder ergibt sich eine Verspätung von mehr als fünf Stunden, kann der Kunde aber auch sein Ticket zurückgeben und bekommt dann sein Geld zurück. Häufig bieten Airlines ihren Kunden zum Beispiel kostenfreie Umbuchungen auf alternative Termine oder die Erstattung von Ticketkosten an.
Stranden Passagiere wegen des Streiks vorübergehend an Flughäfen, muss der Veranstalter oder die Fluggesellschaft sie betreuen. Die Leistungen gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung sind unabhängig davon, ob das Unternehmen für die Verspätungen oder Ausfälle verantwortlich ist. Passagiere haben Anspruch auf Verpflegung. Verschiebt sich der Flug auf einen anderen Tag, muss die Airline die Übernachtung im Hotel übernehmen.
(dpa)